
Anorexia Nervosa (F50.00)
Einblicke in eine schwere Essstörung
Definition
Anorexia Nervosa, auch als Magersucht bekannt, ist eine ernsthafte psychische Erkrankung, die durch eine absichtliche Gewichtsabnahme, eine gestörte Körperwahrnehmung und eine intensive Angst vor Gewichtszunahme gekennzeichnet ist. Sie gehört laut ICD-10 zur Kategorie der Essstörungen und wird unter dem Code F50.00 geführt. Betroffene schätzen ihr Gewicht und ihre Körperform oft unrealistisch ein und setzen extreme Methoden ein, um Gewicht zu verlieren oder nicht zuzunehmen. Dazu gehören z. B. strikte Diäten, exzessiver Sport, selbst herbeigeführtes Erbrechen oder der Missbrauch von Abführmitteln.
Häufigkeit in Österreich und Deutschland
In Österreich und Deutschland liegt die Lebenszeitprävalenz von Anorexia Nervosa bei Frauen bei etwa 0,5 bis 1%, bei Männern deutlich niedriger, bei 0,1 bis 0,3%. Die Erkrankung tritt häufig im Jugendalter oder frühen Erwachsenenalter auf, meist zwischen dem 14. und 18. Lebensjahr. Die Störung ist in westlichen Gesellschaften verbreiteter, was mit gesellschaftlichen Schönheitsidealen und kulturellen Normen in Verbindung gebracht wird.
Körperliche Folgen
Anorexia Nervosa hat schwerwiegende Auswirkungen auf den Körper. Die Mangelernährung und die extrem niedrige Kalorienzufuhr können folgende körperliche Folgen haben:
1. Kardiovaskuläre Probleme:
- Niedriger Blutdruck
- Bradykardie (verlangsamter Herzschlag)
- Erhöhtes Risiko für Herzrhythmusstörungen, die lebensbedrohlich sein können
2. Muskuläre und skeletale Folgen:
- Muskelabbau
- Osteoporose oder Osteopenie aufgrund von Kalziummangel und gestörter Hormonproduktion
3. Gastrointestinale Beschwerden:
- Verzögerte Magenentleerung (Gastroparese)
- Verstopfung
- Bauchschmerzen
4. Hormonelle Störungen:
- Ausbleiben der Menstruation (Amenorrhoe)
- Reduzierte Körpertemperatur (Hypothermie)
- Schilddrüsenunterfunktion
5. Haut- und Haarveränderungen:
- Trockene, schuppige Haut
- Haarausfall
- Lanugo-Behaarung (feine, flaumige Haare auf der Haut)
6. Neurologische Folgen:
- Konzentrationsprobleme
- Schwindel und Ohnmachtsanfälle
- Kognitive Verlangsamung
7. Immunsystem:
- Geschwächte Immunabwehr, erhöhte Infektanfälligkeit
Langfristig können diese körperlichen Folgen irreversible Schäden hinterlassen, und in schweren Fällen kann die Erkrankung aufgrund von Organversagen oder kardiovaskulären Komplikationen tödlich verlaufen.
Psychische Begleiterkrankungen
Anorexia Nervosa ist oft mit weiteren psychischen Erkrankungen verbunden, darunter:
- Depressionen
- Angststörungen
- Zwangsstörungen
- Substanzmissbrauch
Behandlung und Therapie
Die Behandlung von Anorexia Nervosa erfordert einen multimodalen Ansatz, der körperliche, psychische und soziale Aspekte umfasst.
1. Medizinische Stabilisierung: In schweren Fällen ist eine stationäre Aufnahme notwendig, um lebensbedrohliche körperliche Zustände zu behandeln.
2. Psychotherapie: Die kognitive Verhaltenstherapie (CBT) hat sich als besonders wirksam erwiesen. Ziel ist es, negative Denkmuster zu erkennen und zu ändern sowie ein gesundes Essverhalten zu etablieren. Aber auch andere Therapierichtungen sind sehr hilfreich, wichtig ist, dass sich die Therapeutin mit dem Störungsbild auskennt, wenn das der Fall ist, ist die Grundausbildung meines Erachtens nebensächlich.
3. Ernährungstherapie: Ein strukturierter Ernährungsplan hilft, das Gewicht schrittweise zu normalisieren und Mangelerscheinungen auszugleichen.
4. Familientherapie: Besonders bei Jugendlichen kann die Einbindung der Familie in den therapeutischen Prozess hilfreich sein.
Prävention und Aufklärung:
Frühe Aufklärung über gesunde Ernährung, körperliche Selbstakzeptanz und der kritische Umgang mit gesellschaftlichen Schönheitsidealen können dazu beitragen, das Risiko einer Anorexia Nervosa zu verringern. Schulen, Eltern und Medien spielen dabei eine zentrale Rolle.
Anorexia Nervosa ist eine ernsthafte Erkrankung mit komplexen Ursachen und schwerwiegenden Folgen. Frühe Diagnostik, professionelle Therapie und ein stabiles soziales Umfeld sind entscheidend, um Betroffenen eine langfristige Genesung zu ermöglichen. Wenn Sie oder jemand in Ihrem Umfeld Anzeichen von Anorexia Nervosa zeigt, suchen Sie professionelle Hilfe – jede Therapie beginnt mit einem ersten Schritt.
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