
Essstörungen
Es gibt verschiedene Formen:
- Anorexie (Magersucht)
- Bulimie (Ess-Brech-Sucht)
- Binge-Eating
Was versteht man unter Anorexia nervosa?
Die Anorexia nervosa, auch Magersucht genannt, ist durch einen absichtlich selbst herbeigeführten Gewichtsverlust charakterisiert. Am Häufigsten ist die Störung bei heranwachsenden Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Obwohl die Ursachen der Anorexie noch wenig fassbar sind, wächst die Überzeugung, dass vor allem eine Interaktion soziokultureller und biologischer Faktoren, sowie auch unspezifische psychologische Mechanismen und die Verletzlichkeit (Vulnerabilität) der Persönlichkeit eine Rolle spielen. Die Erkrankung fußt somit meist auf mehreren Ursachen.
Die meisten Erkrankten leiden an einer Körperschemastörung:
Sie nehmen sich trotz Untergewicht als „zu dick“ wahr. Ihr Selbstwertgefühl hängt nicht nur von allgemeinen Leistungen in Schule/Studium/Beruf, Hobby oder Privatleben, sondern besonders stark auch von der Fähigkeit ab, das Körpergewicht kontrollieren zu können. Die Gedanken der Kranken sind eingeengt und kreisen stets um die Themen Ernährung, Gewicht und Figur.
Diagnostische Leitlinien:
- Tatsächliches Körpergewicht mindestens 15 % unter, dem alter entsprechenden Gewicht
- oder einen BMI (Body-Maß-Index) von 17,5 oder weniger
- Bei Patient*innen in der Vorpubertät kann die erwartete Gewichtszunahme in der Wachstumsperiode ausbleiben.
Der Gewichtsverlust ist selbst herbeigeführt durch:
- Vermeidung von hochkalorischen Speisen
sowie eine oder mehrere der folgenden Verhaltensweisen:
- selbst induziertes Erbrechen;
- selbst induziertes Abführen;
- übertriebene körperliche Aktivitäten;
- Gebrauch von Appetitzüglern oder Diuretika
Bei Beginn der Erkrankung vor der Pubertät ist die Abfolge der pubertären
Entwicklungsschritte verzögert oder gehemmt (Wachstumsstopp: fehlende Brustentwicklung
und ausbleiben der Regelblutung bei Mädchen; bei Buben bleiben die Genitalien kindlich).
Nach der Genesung wird die Pubertätsentwicklung häufig normal abgeschlossen,
die erste Regelblutung tritt aber verspätet ein.
Sätze wie:
"Iss halt einfach", helfen den
Betroffenen nicht.
Eine Anorexie ist eine schwere
psychische Erkrankung
und muss unbedingt professionell
behandelt
werden.
Was versteht man unter Bulimia nervosa?
Ess-Brech-Sucht ist eine Form der Essstörung. Im medizinischen Fachjargon wird diese
Erkrankung auch Bulimie Nervosa, oder kurz Bulimie genannt.
Bulimia nervosa ist durch wiederholte Anfälle von Heißhunger (Essattacken) und eine übertriebe Beschäftigung
mit der Kontrolle des Körpergewichts charakterisiert. Dies veranlasst die Betroffenen, mit extremen Maßnahmen
den dickmachenden Effekt der zugeführten Nahrung zu mildern.
Die Alters- und Geschlechtsverteilung ähnelt der Anorexia nervosa, das Alter bei Beginn liegt geringfügig höher. Die Störung kann nach einer Anorexia nervosa auftreten und umgekehrt. So erscheint eine vormals anorektische Patientin nach einer Gewichtszunahme oder durch Wiederauftreten der Menstruation zunächst gebessert, dann aber stellt sich ein schädliches Verhaltensmuster von Heißhunger (Essattacken) und Erbrechen ein. Wiederholtes Erbrechen kann zu Elektrolytstörungen und körperlichen Komplikationen führen (Tetanie, epileptische Anfälle, kardiale Arrhythmien, Muskelschwäche), sowie zu weiterem starken Gewichtsverlust oder Zunahme.
Diagnostische Leitlinien:
- andauernde Beschäftigung mit dem Essen
- unwiderstehliche Gier nach Nahrungsmitteln
- Essattacken, bei denen große Mengen Nahrung in sehr kurzer Zeit konsumiert werden
Die Patientin versucht, dem dickmachenden Effekt der Nahrung durch verschiedenen Verhaltensweisen entgegen zu steuern:
- selbstinduziertes Erbrechen
- Missbrauch von Abführmitteln
- zeitweilige Hungerperioden
- Gebrauch von Appetitzüglern
- Schilddrüsenpräparaten
- oder Diuretika
Wenn die Bulimie bei Diabetiker*innen auftritt, kann es zu einer Vernachlässigung der
Insulinbehandlung kommen. Eine der wesentlichen psychopathologischen Auffälligkeiten
besteht in der krankhaften Furcht davor, dick zu werden; die Patientin setzt sich eine scharf
definierte Gewichtsgrenze, deutlich unter dem prämorbiden, vom Arzt als optimal oder ‚gesund‘
betrachteten Gewicht. Häufig lässt sich in der Vorgeschichte mit einem Intervall von einigen Monaten
bis zu mehreren Jahren eine Episode einer Anorexia nervosa nachweisen. Diese frühere Episode
kann voll ausgeprägt gewesen sein, oder war eine verdeckte Form mit mäßigem Gewichtsverlust
oder einem vorübergehenden Ausbleiben der Regelblutung).
Die Bulimie sollte in ihrer
Gefährlichkeit nicht unterschätzt werden.
Nur weil man psychische Erkrankungen
nicht immer sofort sieht, sind sie nicht
weniger gefährlich oder gerade deswegen
noch mehr.
Was versteht man unter Binge-Eating Disorder (BED)?
Bei der Binge Eating Disorder (BED) stehen psychische Symptome im Vordergrund. Als so genanntes
Leitsymptom gelten Essanfälle, die typischerweise mit Kontrollverlust einhergehen. Während der
Essanfälle werden unterschiedlich große Mengen an Nahrungsmittel, schnell, oft wahllos durcheinander
und ruhelos bis zu einem unangenehmen Völlegefühl verzehrt. Gegessen wird in Folge der Schamgefühle
meist alleine oder im Versteckten. Oftmals empfinden Patienten mit einer Binge Eating Disorder Ekel,
Deprimiertheit oder Schuldgefühle sich selbst gegenüber. Im Anschluss an Essanfälle führen manche Patientin
mit Binge-Eating Kompensationsversuche durch, wie z.B. Auslassen von Mahlzeiten oder vermehrte körperliche
Betätigung. Diese unterscheiden sich jedoch von den typischen Gegenmaßnahmen bulimischer Patienten
bezüglich Regelmäßigkeit und Intensität. Das Auftreten regelmäßiger Essanfälle führt zu einer
Beeinträchtigung der allgemeinen psychischen Befindlichkeit und ist mit einem erhöhten
Leidensdruck verbunden.
Somatische Symptome bei Binge-Eating:
- erhöhte Anfälligkeit für Krebsleiden, erhöhtes Operationsrisiko, erhöhtes Erkrankungsrisiko
für entzündliche Gelenkerkrankungen u.s.w.
Von Adipositas wird dann gesprochen, wenn jemand sein Normalgewicht um 20 % überschreitet (BMI über 30).
Nur bei ca. 5 % der übergewichtigen Menschen ist die Adipositas durch körperliche Erkrankung verursacht.
Ein großer Teil von ihnen leidet an einer Binge Eating Störung.
Geht es der Psyche nicht gut,
kann sich dies in den unterschiedlichsten
Formen zeigen, unter anderem in übermäßigem Essen.
Scham verhindert leider oft den Gang zum Therapeuten. Haben Sie aber keine Angst,
die Therapie ist ein wertfreier Raum. Hier darf alles sein.
Essstörungen sind schwere Erkrankungen, die nicht unterschätzt werden sollten. Auch wenn Sie nicht die Kriterien dieser drei Formen von Essstörungen erfüllen, das Essen, der Körper, das Körperbild oder die Körperwahrnehmung aber zu einem Leidensdruck führen, können Sie sich melden. Die oben genannten Kriterien dienen zur Orientierung, aber jeder Mensch ist individuell und somit auch die Problematik. Auch als Angehöriger ist es immer wieder schwierig die Situation zu Hause auszuhalten. Psychotherapie bietet nicht nur Unterstützung für Betroffene, sondern auch für deren Umfeld.